grossbritannien-beendet-ara-der-kohleverstromung

Großbritannien beendet Ära der Kohleverstromung

 • 0 views

Nach über 140 Jahren stellt Großbritannien die Kohleverstromung ein. Als erstes großes Industrieland setzt es nun auf saubere Energie und plant, zur "Supermacht" in diesem Bereich zu werden.

Großbritannien, die Wiege der industriellen Kohleverstromung, schlägt ein neues Kapitel in seiner Energiegeschichte auf. Mit der Schließung des letzten Kohlekraftwerks in Ratcliffe-on-Soar endet eine Ära, die vor mehr als 140 Jahren begann. Dieser Schritt markiert einen bedeutenden Meilenstein: Das Vereinigte Königreich wird das erste wohlhabende Industrieland, das vollständig aus der Kohleenergie aussteigt.

Die Entwicklung der britischen Energielandschaft ist bemerkenswert. Michael Shanks, Energie-Staatssekretär der Labour-Partei, würdigt den Beitrag der Kohlearbeiter: "Die Kohleära mag zwar enden, aber ein neues Zeitalter guter Arbeitsplätze im Energiesektor beginnt jetzt erst für unser Land." Er betont die Bedeutung von Windkraft und neuen Technologien wie CO2-Abscheidung und -Speicherung für die Zukunft.

Der Wandel in der britischen Energiepolitik ist beeindruckend. Vor gut einem Jahrhundert wurde fast der gesamte Strom durch Kohleverbrennung erzeugt. Im Jahr 2023 betrug der Anteil der Kohle am Energiemix nur noch 1,3%. Diese drastische Reduzierung ist das Ergebnis jahrzehntelanger Bemühungen und politischer Entscheidungen.

Ein wichtiger Faktor für den früheren Kohleausstieg Großbritanniens im Vergleich zu Deutschland ist die kontinuierliche Nutzung der Atomenergie. Aktuell sind 15 Kernreaktoren in Betrieb, die etwa 16% des britischen Stroms erzeugen. Das im Bau befindliche Kernkraftwerk Hinkley Point C soll zukünftig sogar 7% des Strombedarfs decken.

Die britische Regierung setzt zudem stark auf erneuerbare Energien. Offshore-Windparks produzierten 2023 bereits mehr als 40% des britischen Stroms. Bis 2030 plant die Regierung, die Offshore-Windkapazität auf 40 GW zu erhöhen. Diese Entwicklung unterstreicht das Ziel, Großbritannien zu einer "Supermacht im Bereich saubere Energie" zu machen.

Der Ausstieg aus der Kohle hat auch historische Dimensionen. Seit der Eröffnung des ersten Kraftwerks 1882 haben britische Kohlekraftwerke insgesamt 4,6 Milliarden Tonnen Kohle verbrannt und 10,4 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen. Diese Zahlen verdeutlichen die enorme Umweltbelastung der Vergangenheit und die Notwendigkeit des Wandels.

"Wir sind bei der Kohle weit voraus - weit voraus gegenüber anderen G7-Volkswirtschaften."

Chris Stark, britischer Klima-Regierungsberater

Der Übergang zu sauberer Energie ist nicht nur eine technologische, sondern auch eine soziale Herausforderung. Die Zahl der Beschäftigten im britischen Kohlebergbau sank von über einer Million im Jahr 1920 auf weniger als 1.000 im Jahr 2024. Diese Entwicklung zeigt die tiefgreifenden Veränderungen in der Arbeitswelt und die Notwendigkeit, neue Beschäftigungsmöglichkeiten in zukunftsträchtigen Sektoren zu schaffen.

Großbritannien hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. Bis 2050 sollen Netto-Null-Emissionen erreicht werden. Der Ausstieg aus der Kohle ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Mit dem Verbot von Benzin- und Dieselfahrzeugen ab 2030 und der Förderung erneuerbarer Energien zeigt das Land seine Entschlossenheit, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einzunehmen.

Die Schließung des letzten Kohlekraftwerks in Ratcliffe-on-Soar symbolisiert das Ende einer Ära und den Beginn einer neuen, saubereren Zukunft. Es bleibt abzuwarten, wie andere Industrienationen diesem Beispiel folgen werden.

Stefan Holzman

Wirtschaft