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Gauck gegen AfD-Verbot: "Würde mehr Wut erzeugen"

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Alt-Bundespräsident Joachim Gauck lehnt ein Verbotsverfahren gegen die AfD ab. Er warnt vor negativen Folgen und plädiert für die Stärkung demokratischer Fähigkeiten.

Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat sich entschieden gegen ein Verbotsverfahren der Alternative für Deutschland (AfD) ausgesprochen. In einem Gespräch mit der Funke Mediengruppe äußerte der 84-jährige Politiker seine Bedenken hinsichtlich eines solchen Vorgehens.

Gauck, der von 2012 bis 2017 als Bundespräsident amtierte, betonte die Notwendigkeit, die demokratischen Fähigkeiten zu stärken, anstatt auf staatliche Interventionen zu setzen. Er argumentierte, dass ein Verbot der Partei möglicherweise kontraproduktiv wäre und zu verstärkter Wut und Radikalisierung führen könnte.

"Nein, überhaupt nicht. Mein Bauchgefühl würde der Partei das Verbot herzlich gönnen. Als Demokrat, der die offene Gesellschaft schätzt, regt es mich total auf, dass wir der Partei über die Parteienfinanzierung auch noch Mittel zuweisen müssen. Aber in der Politik darf man nicht nur fühlen."

Joachim Gauck zur Idee eines AfD-Verbots

Die Debatte um ein mögliches Verbot der AfD hat in den letzten Jahren immer wieder für Diskussionen gesorgt. Die Partei, die 2013 gegründet wurde und mittlerweile in allen 16 Landesparlamenten vertreten ist, wird seit 2021 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet.

Es ist wichtig zu beachten, dass ein Parteienverbot in Deutschland eine seltene und schwerwiegende Maßnahme darstellt. In der Geschichte der Bundesrepublik wurden bisher nur zwei Parteien verboten: die Sozialistische Reichspartei (SRP) im Jahr 1952 und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 1956. Ein Verbotsverfahren gegen die NPD scheiterte 2017 vor dem Bundesverfassungsgericht.

Gauck, der vor seiner Präsidentschaft als Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen tätig war, warnte davor, dass ein Verbot der AfD dazu führen könnte, dass verunsicherte konservative Bürger den Staat als Feind wahrnehmen könnten. Er plädierte stattdessen für eine Stärkung der demokratischen Institutionen und Prozesse.

Die Parteienfinanzierung, die Gauck in seinem Statement erwähnt, wurde in Deutschland 1959 eingeführt und basiert auf Wählerstimmen und Spenden. Bei der Bundestagswahl 2021 erreichte die AfD 10,3% der Stimmen und ist damit die jüngste Partei im Deutschen Bundestag.

Es ist erwähnenswert, dass das Konzept der "offenen Gesellschaft", auf das sich Gauck bezieht, vom Philosophen Karl Popper geprägt wurde und ein Grundpfeiler demokratischen Denkens ist.

Abschließend ist zu betonen, dass ein Parteienverbot nur vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ausgesprochen werden kann. Dieses Gericht, bestehend aus zwei Senaten mit je acht Richtern, würde in einem solchen Verfahren prüfen, ob die Partei aggressiv und kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht. Gaucks Appell richtet sich somit an die Gesellschaft, die Demokratie durch eigene Anstrengungen zu verteidigen, anstatt auf juristische Mittel zu setzen.

Stefan Holzman

Politik