72-jähriger US-Veteran in Russland wegen Ukraine-Einsatzes vor Gericht

Ein 72-jähriger US-Amerikaner steht in Russland vor Gericht, weil er die Ukraine verteidigte. Die Staatsanwaltschaft fordert sieben Jahre Haft in einer Strafkolonie für Schwerverbrecher.

5. Oktober 2024, 10:49  •  133 ansichten

72-jähriger US-Veteran in Russland wegen Ukraine-Einsatzes vor Gericht

In einem besorgniserregenden Fall der Instrumentalisierung der Justiz steht ein 72-jähriger US-Amerikaner in Russland vor Gericht. Der Vorwurf: Er verteidigte die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg. Dieser Fall verdeutlicht, wie Russland rechtliche Mittel als Waffe im Konflikt einsetzt.

Der Angeklagte, ursprünglich aus Michigan, lebte seit 2014 in der Ukraine. Nach dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 schloss er sich der ukrainischen Territorialverteidigung an. Diese wurde erst am 1. Januar 2022 als separate Militäreinheit gegründet, um das Land zu schützen.

Im April 2022 geriet der US-Veteran in russische Kriegsgefangenschaft in Isjum, einer Stadt in der Oblast Charkiw. Isjum, mit einer Vorkriegsbevölkerung von etwa 46.000 Einwohnern, wurde am 1. April 2022 von russischen Truppen eingenommen, aber am 10. September 2022 von ukrainischen Streitkräften befreit.

Die russische Staatsanwaltschaft fordert nun sieben Jahre Haft in einer Strafkolonie für Schwerverbrecher. Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Als mildernde Umstände werden das Alter des Angeklagten und ein Geständnis berücksichtigt.

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Der Vorwurf der Söldnertätigkeit basiert auf der Tatsache, dass der Amerikaner laut Vertrag mit der Territorialverteidigung etwa 1.000 Dollar Gehalt erhalten sollte. Dies steht im Widerspruch zu den Genfer Konventionen, die die Rekrutierung von Söldnern in bewaffneten Konflikten verbieten. Ironischerweise ist Russland seit 1949 Unterzeichner dieser Konventionen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer in den USA 76,1 Jahre beträgt. Der 72-jährige Angeklagte riskierte somit einen bedeutenden Teil seiner verbleibenden Lebenszeit, um die Ukraine zu verteidigen.

Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe völkerrechtliche Situation. Während die Charta der Vereinten Nationen die Anwendung von Gewalt zwischen Staaten verbietet, ist der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag für Kriegsverbrechen zuständig. Allerdings sind weder die USA noch Russland Mitglieder dieses Gerichts.

Die OSZE unterhält seit 2014 eine Sonderbeobachtermission in der Ukraine, und die Vereinten Nationen schätzen, dass bis Oktober 2024 über 10 Millionen Ukrainer ihr Land verlassen haben. Diese Zahlen unterstreichen die Schwere des Konflikts.

Der Begriff "Lawfare" beschreibt treffend den Missbrauch rechtlicher Systeme zur Erreichung militärischer oder politischer Ziele. Obwohl die russische Verfassung theoretisch die Unabhängigkeit der Justiz garantiert, berichtet Amnesty International regelmäßig über unfaire Gerichtsverfahren in Russland.

Die USA haben wiederholt die Freilassung von in Russland inhaftierten US-Bürgern gefordert. Das US-Außenministerium warnt seine Bürger ausdrücklich vor Reisen nach Russland aufgrund des Risikos willkürlicher Verhaftungen.

Dieser Fall verdeutlicht die anhaltende Spannung zwischen Russland und dem Westen. Die Vereinten Nationen haben die russische Invasion in der Ukraine mehrfach verurteilt, doch die Lage bleibt angespannt. Der Prozess gegen den US-Veteranen ist ein weiteres Beispiel für die Komplexität und die menschlichen Kosten dieses Konflikts.