Weltwirtschaftsforum-Präsident sieht Potenzial in Deutschlands Wirtschaft

Trotz Konjunkturflaute bleibt der Präsident des Weltwirtschaftsforums optimistisch für Deutschlands wirtschaftliche Zukunft. Er betont die industrielle Stärke und Anpassungsfähigkeit des Landes.

6. Oktober 2024, 02:07  •  147 ansichten

Weltwirtschaftsforum-Präsident sieht Potenzial in Deutschlands Wirtschaft

Trotz der aktuellen wirtschaftlichen Stagnation in Deutschland zeigt sich Borge Brende, der Präsident des Weltwirtschaftsforums, zuversichtlich für die Zukunft der deutschen Wirtschaft. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur betonte er die Stärken des Landes, die es für einen erneuten Aufschwung nutzen könne.

Deutschland, die größte Volkswirtschaft Europas und viertgrößte weltweit, steht vor erheblichen Herausforderungen. Während die globale Wirtschaft im Jahr 2024 voraussichtlich um mehr als 3% wachsen wird, prognostizieren führende Wirtschaftsforschungsinstitute für Deutschland lediglich ein Wachstum von 0,1%. Diese Stagnation steht im Kontrast zur industriellen Stärke des Landes, das 2023 ein Bruttoinlandsprodukt von etwa 4,1 Billionen Euro erwirtschaftete.

Brende hebt die industrielle Basis und Erfahrung Deutschlands als entscheidende Faktoren hervor. Er betont: "Dieses Wissen kann leicht von einem Bereich der Industrie auf neue übertragen werden. Es steckt in den Köpfen der Menschen, in den Organisationen und Institutionen." Diese Anpassungsfähigkeit spiegelt sich in der Tatsache wider, dass Deutschland etwa 3% seines BIP in Forschung und Entwicklung investiert und führend in Branchen wie Automobilbau, Maschinenbau und Chemie ist.

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Die aktuelle Situation erinnert an die Zeit vor etwa 20 Jahren, als Deutschland als "kranker Mann Europas" galt. Damals gelang es dem Land durch strukturelle Reformen, seine Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. Heute investiert Deutschland verstärkt in zukunftsweisende Bereiche wie Halbleitertechnologien sowie Cloud- und Datencenter. Dies zeigt sich auch in der "Industrie 4.0"-Initiative, die die Digitalisierung der deutschen Industrie vorantreibt.

Trotz dieser positiven Ansätze gibt es Herausforderungen. Die Strompreise in Deutschland sind nahezu doppelt so hoch wie in den USA, was energieintensive Industrien vor Probleme stellt. Zudem machen sich die Nachwirkungen ehemaliger Abhängigkeiten von russischem Gas und dem chinesischen Markt bemerkbar. Deutschland hat jedoch bereits Alternativen gefunden, wie den Import von Flüssiggas, und exportiert inzwischen mehr in die USA als nach China.

Brende warnt davor, bei Investitionen nachzulassen. Die selbst auferlegte Schuldenbremse erschwert Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Entwicklung sowie die Bereitstellung von Start- und Risikokapital. Im Vergleich zu den USA steht in Europa weniger Kapital für Start-ups zur Verfügung. Dies ist besonders relevant, da der Mittelstand etwa 99% aller Unternehmen in Deutschland ausmacht und viele der sogenannten "Hidden Champions" - mittelständische Weltmarktführer - beheimatet.

Trotz dieser Herausforderungen verfügt Deutschland über beachtliche Stärken. Das Land ist der drittgrößte Exporteur von Waren weltweit, mit einem Exportvolumen von über 1,5 Billionen Euro im Jahr 2023. Zudem hat Deutschland eine der niedrigsten Jugendarbeitslosigkeitsraten in Europa und gilt mit seinem dualen Ausbildungssystem als Vorbild.

Die Zukunft der deutschen Wirtschaft wird davon abhängen, wie gut es gelingt, die vorhandenen Stärken zu nutzen und gleichzeitig die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Mit seiner starken industriellen Basis, dem Fokus auf Innovation und der Fähigkeit zur Transformation hat Deutschland gute Voraussetzungen, um die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen zu meistern und wieder auf einen Wachstumspfad zurückzukehren.