Von Festungen zu Vogelparadiesen: Die bewegte Geschichte der Langlütjen-Inseln

Die Langlütjen-Inseln vor Bremerhaven durchlebten eine turbulente Geschichte: von Militärfestungen über ein NS-Lager bis hin zu gescheiterten Tourismusplänen. Heute sind sie ein Naturschutzgebiet.

3. Oktober 2024, 09:22  •  0 ansichten

Von Festungen zu Vogelparadiesen: Die bewegte Geschichte der Langlütjen-Inseln

Die Langlütjen-Inseln vor der Küste Bremerhavens haben eine bewegte Geschichte hinter sich, die von militärischer Nutzung über dunkle Kapitel bis hin zu gescheiterten Tourismusplänen reicht. Heute sind die beiden künstlichen Inseln, die zusammen nur etwa 3,3 Hektar groß sind, ein wichtiger Teil des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer und dienen als Lebensraum für zahlreiche Vogelarten.

Die Geschichte der Inseln begann Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Norddeutsche Bund beschloss, Küstenfestungen zu errichten. Zwischen 1869 und 1870 wurde Langlütjen I aufgeschüttet und befestigt. Die Bauarbeiten waren eine logistische Herausforderung, da sie nur bei Ebbe und in den Sommermonaten durchgeführt werden konnten. 1871 war die erste Festung fertiggestellt und mit schweren Geschützen ausgestattet.

Kurz darauf folgte der Bau von Langlütjen II, der sich bis 1880 hinzog. Interessanterweise wurden die Geschütze auf dieser Insel erst zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 installiert. Trotz der umfangreichen militärischen Ausrüstung kamen die Anlagen nie zum Einsatz. Nach Kriegsende wurden die Geschütze demontiert oder gesprengt, wobei einige Überreste noch heute sichtbar sind.

Eine besonders dunkle Phase erlebte Langlütjen II während der NS-Zeit. Von September 1933 bis Januar 1934 diente die Insel als Außenlager des KZ Bremen-Mißler. Etwa 100 Gefangene wurden hier von der SA brutal gefoltert und ermordet. Diese grausamen Ereignisse brachten der Insel den Beinamen "Teufelsinsel" ein.

"Die Schreie der Gefangenen waren bis zum Ufer zu hören."

Zeitzeuge in der "Nordwest-Zeitung" (2020)

Nach dem Zweiten Weltkrieg verfielen die Inseln zusehends. Sie gingen in den Besitz des Bundes über und wurden 2008 zum Verkauf angeboten. Ein Bremer Geschäftsmann erwarb die Inseln für jeweils 100.000 Euro und entwickelte ambitionierte Pläne für eine touristische Nutzung. Diese beinhalteten ein Hotel und sogar eine Seilbahn zum Festland. Doch die Pläne wurden nie umgesetzt, und der Investor zog sich zurück.

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Heute sind die Langlütjen-Inseln Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer und ein wichtiges Vogelschutzgebiet. Naturliebhaber können die Inseln im Rahmen geführter Wattwanderungen besuchen und dabei die faszinierende Geschichte dieser einzigartigen Orte erkunden. Die Überreste der militärischen Anlagen erinnern an die bewegte Vergangenheit, während die Natur sich die Inseln zurückerobert hat.

Die Geschichte der Langlütjen-Inseln erstreckt sich über etwa 150 Jahre und spiegelt wichtige Epochen der deutschen Geschichte wider. Von den deutsch-dänischen Kriegen über zwei Weltkriege bis hin zur heutigen Nutzung als Naturschutzgebiet haben diese kleinen Inseln eine bemerkenswerte Wandlung durchlaufen. Sie sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie sich die Nutzung und Bedeutung von Orten im Laufe der Zeit verändern kann.