Tödlicher Schuldenstreit in Neapel: Verwandter erschießt 45-Jährigen

In Neapel wurde ein Mann wegen Schulden von einem Verwandten erschossen. Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die anhaltende Gewalt in der von der Camorra kontrollierten Stadt.

5. Oktober 2024, 12:39  •  0 ansichten

Tödlicher Schuldenstreit in Neapel: Verwandter erschießt 45-Jährigen

In der historischen Stadt Neapel, die seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. existiert und heute als UNESCO-Weltkulturerbe gilt, ereignete sich am vergangenen Montag eine tragische Gewalttat. Ein 45-jähriger Mann wurde im Stadtzentrum erschossen, während sein elfjähriger Sohn Zeuge des Verbrechens wurde.

Der mutmaßliche Täter, ein Verwandter des Opfers, wurde inzwischen in Mailand von einer Spezialeinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität festgenommen. Berichten zufolge sollen Schulden in Höhe von etwa 5.000 Euro das Motiv für die Tat gewesen sein.

Dieser Vorfall reiht sich in eine Serie von Gewalttaten ein, die Neapel, die drittgrößte Stadt Italiens mit rund 3 Millionen Einwohnern im Großraum, immer wieder erschüttern. Erst Anfang September wurde ein Mann in einem Friseursalon Opfer eines Mordanschlags.

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Neapel, am Fuße des Vesuvs gelegen, gilt als Hochburg der Camorra, einer der mächtigsten Mafiaorganisationen Italiens neben der 'Ndrangheta und der Cosa Nostra. Die Camorra, deren Ursprünge bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen, hat sich zu einem globalen kriminellen Netzwerk entwickelt, das in über 100 Ländern aktiv ist und jährlich schätzungsweise 4,9 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Die Organisation, die etwa 7.000 Mitglieder zählt, ist in verschiedenen illegalen Aktivitäten involviert, darunter Menschenhandel, Drogenhandel und Waffenschmuggel. Sie kontrolliert einen Großteil des europäischen Drogenhandels und hat Verbindungen zu südamerikanischen Kartellen. Darüber hinaus hat die Camorra ihre Tentakel in legale Geschäftsbereiche wie die Textil- und Lebensmittelindustrie ausgestreckt und kontrolliert etwa 2.500 Unternehmen in der Region Kampanien.

In Neapel selbst operieren Hunderte kleiner Erpresserbanden neben großen, international agierenden Unternehmerkartellen. Die Camorra ist auch stark in der Bauindustrie und der Müllentsorgung vertreten, was ihr erheblichen Einfluss auf die lokale Wirtschaft und Politik verschafft.

Die Brutalität der Organisation ist berüchtigt. Im Jahr 2005 standen schätzungsweise 3.000 Auftragsmörder auf der Gehaltsliste der Camorra. Im Jahr 2004 wurden allein in Neapel 104 Morde der Organisation zugeschrieben. Besonders besorgniserregend ist die Rekrutierung von Minderjährigen durch die Camorra.

"Der Tod gehört zum Beruf"

Roberto Saviano, Autor des Enthüllungsbuches "Gomorrha", im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung:

Savianos Enthüllungen über die inneren Strukturen der Camorra haben ihm Morddrohungen eingebracht, weshalb er heute unter Polizeischutz lebt.

Die jüngste Gewalttat in Neapel unterstreicht die anhaltenden Herausforderungen im Kampf gegen die organisierte Kriminalität in Italien. Trotz intensiver Bemühungen der Strafverfolgungsbehörden bleibt der Einfluss der Camorra auf das soziale und wirtschaftliche Leben in Neapel und der umliegenden Region Kampanien erheblich.