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Verborgenes Vogelparadies: Braunschweigs unbekannte Rieselfelder

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Am Rande Braunschweigs liegt ein 275 Hektar großes Naturgebiet, das 302 Vogelarten beherbergt. Die Rieselfelder dienen der Abwasserbehandlung und bieten seltenen Arten ein Zuhause.

Am Stadtrand von Braunschweig, unweit der A2 und B214, befindet sich ein faszinierendes Naturgebiet, das vielen Einwohnern unbekannt ist: die Braunschweiger Rieselfelder. Dieses 275 Hektar große Areal dient nicht nur der natürlichen Abwasserbehandlung, sondern hat sich zu einem bedeutenden Lebensraum für eine Vielzahl von Vogelarten entwickelt.

Die Rieselfelder, eine Methode der Abwasserbehandlung, die seit dem 19. Jahrhundert genutzt wird, beherbergen heute 302 verschiedene Vogelarten. Darunter befinden sich seltene und gefährdete Spezies wie der Kiebitz, der Wachtelkönig und der Rotmilan. Der Kiebitz, dessen Population in Deutschland in den letzten Jahrzehnten um über 90% zurückgegangen ist, findet hier einen wichtigen Rückzugsort. Ebenso der Rotmilan, der in Deutschland als "Verantwortungsart" gilt und besonderen Schutz genießt.

Eine Besonderheit stellt die Brandgans dar, für die das Gebiet den südlichsten Brutplatz in Niedersachsen bildet. Normalerweise brütet diese Art an den Küsten der Nord- und Ostsee. Zudem dienen die Rieselfelder als Winterquartier für Zwergschnepfen und Bekassinen. Die Zwergschnepfen, Langstreckenzieher aus Sibirien, und die für ihre "meckernden" Balzflüge bekannten Bekassinen finden hier ideale Bedingungen vor.

Die ständige Bewässerung der Rieselfelder, auch in Zeiten geringen Wasseranfalls, hat zur Entstehung wertvoller Biotope geführt. Diese Feuchtgebiete sind nicht nur für die ansässigen Arten von Bedeutung, sondern dienen auch als wichtige Rastplätze für Zugvögel auf ihren langen Reisen. Die natürliche Abwasserbehandlung durch die Rieselfelder kann bis zu 95% der organischen Schadstoffe entfernen und schafft gleichzeitig einen einzigartigen Lebensraum.

Für Naturliebhaber und Vogelbeobachter bieten die Rieselfelder ein faszinierendes Ziel. Besucher sollten jedoch die Verhaltensregeln beachten, um die sensible Tierwelt nicht zu stören. Dazu gehört, auf den Wegen zu bleiben, die Gewässer nicht zu nutzen und Hunde ganzjährig an der Leine zu führen. Diese Maßnahmen sind entscheidend für den Schutz der Artenvielfalt in diesem stadtnahen Naturschutzgebiet.

Die Braunschweiger Rieselfelder zeigen eindrucksvoll, wie ehemalige Nutzflächen zu wichtigen Sekundärlebensräumen für bedrohte Arten werden können. In einer Zeit, in der viele natürliche Habitate verloren gehen, spielen solche Gebiete eine zunehmend wichtige Rolle für den Erhalt der Biodiversität und das städtische Mikroklima.

"Die Rieselfelder werden ständig bewässert – auch in Zeiten geringen Wasseranfalls. So sind wertvolle Biotope und zusammen mit den Okerauen schutzwürdige Biotopstrukturen entstanden – und somit eine Anlaufstelle für die vielen Vogelarten."

Abwasserverband Braunschweig

Obwohl die Rieselfelder in unmittelbarer Nähe zur A2, einer der wichtigsten Ost-West-Verbindungen Deutschlands, und zur B214 liegen, bieten sie eine erstaunliche Ruhe. Besucher, die meist aus den umliegenden Ortschaften kommen, schätzen besonders die einzigartige Atmosphäre bei Sonnenaufgang. Fotografen, Radfahrer und Spaziergänger finden hier ein Naturerlebnis, das in starkem Kontrast zum hektischen Stadtleben steht.

Die Braunschweiger Rieselfelder sind ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Naturschutz und städtische Infrastruktur harmonisch miteinander verbunden werden können. Sie unterstreichen die Bedeutung von Feuchtgebieten für den Artenschutz und bieten gleichzeitig einen Ort der Erholung und Naturbeobachtung für die Bewohner der "Löwenstadt" und ihre Besucher.

Stefan Holzman