Pflegenotstand in Niedersachsen: Baby-Boomer-Rentenwelle verschärft Krise

Der DAK-Pflegereport 2024 zeigt alarmierende Trends für Niedersachsen auf. Mit dem Renteneintritt der Baby-Boomer droht eine massive Verschärfung des Pflegepersonalmangels und steigende Kosten.

25. September 2024, 11:36  •  0 ansichten

Pflegenotstand in Niedersachsen: Baby-Boomer-Rentenwelle verschärft Krise

Der kürzlich veröffentlichte DAK-Pflegereport 2024 beleuchtet eine besorgniserregende Entwicklung im Pflegesektor, insbesondere in Niedersachsen. Mit dem bevorstehenden Renteneintritt der Baby-Boomer-Generation droht eine erhebliche Verschärfung des bereits bestehenden Personalmangels in der Pflege.

In Niedersachsen, dem flächenmäßig zweitgrößten Bundesland Deutschlands, arbeiteten im vergangenen Jahr 109.537 Menschen in der Pflege. Beunruhigend ist, dass 22,1% dieser Pflegekräfte 55 Jahre oder älter sind. Dies bedeutet, dass in den nächsten zehn Jahren jede fünfte Pflegekraft ersetzt werden muss - eine Quote, die leicht über dem bundesweiten Durchschnitt von 21,9% liegt.

Dirk Vennekold, Landeschef der DAK in Niedersachsen, warnt vor den Konsequenzen: "Wir sehen keine Entlastung für die Pflegenden und keine Reserven für den demografischen Wandel." Diese Aussage gewinnt an Brisanz, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland bis 2050 auf schätzungsweise 6,5 Millionen ansteigen könnte.

Der Pflegereport prognostiziert für 2025 etwa 900 Renteneintritte in Niedersachsen, denen nur 3.600 Berufseinsteiger gegenüberstehen. Diese Diskrepanz verdeutlicht die Dringlichkeit der Situation, zumal die durchschnittliche Verweildauer im Pflegeberuf in Deutschland lediglich 8,4 Jahre beträgt.

Neben dem Personalmangel stellt die Finanzierung der Pflege eine weitere Herausforderung dar. Laut einer Studie des wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wird erwartet, dass die Kosten pro Pflegeversicherten von 2020 bis 2040 um 90% steigen werden. Dies ist besonders alarmierend, wenn man bedenkt, dass die Pflegekosten in Deutschland bereits jetzt jährlich rund 50 Milliarden Euro betragen.

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Als positives Beispiel wird im Report die Emder Pflegegenossenschaft für Ostfriesland eG hervorgehoben. Diese innovative Form der Pflegeorganisation vereint Pflegebedürftige, Ehrenamtliche und Pflegekräfte, um selbstbestimmt Pflegeleistungen zu organisieren. Solche Modelle könnten in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Digitalisierung in der Pflege bis zu 20% der Arbeitszeit einsparen könnte.

Die niedersächsische Landesregierung hat mit der konzertierten Aktion Pflege bereits Schritte unternommen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Ausbildung zu stärken. Allerdings reichen diese Maßnahmen angesichts der sich zuspitzenden Situation nicht aus. Dirk Vennekold fordert daher eine "grundlegende Reform der Pflegeversicherung".

Angesichts dieser Herausforderungen ist es wichtiger denn je, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Mit nur 20% Männeranteil und 80% Teilzeitbeschäftigten in der Pflege gibt es noch viel Potenzial für Verbesserungen. Die Bewältigung des Pflegenotstands erfordert ein umfassendes Umdenken und innovative Lösungen, um die Versorgung der alternden Bevölkerung in Niedersachsen und ganz Deutschland sicherzustellen.