Kölsche Bestattungen: Wenn der letzte Gruß im Dialekt erklingt

In Köln bieten Hildegard und Philipp Kling einzigartige Bestattungen auf Kölsch an. Mit individuellen Zeremonien und Trauerreden im Dialekt bewahren sie lokale Traditionen und Identität.

29. September 2024, 15:14  •  0 ansichten

Kölsche Bestattungen: Wenn der letzte Gruß im Dialekt erklingt

In der Domstadt Köln, bekannt für ihren imposanten Dom und den lebhaften Karneval, pflegen Hildegard und Philipp Kling eine besondere Tradition: Bestattungen auf Kölsch. Ihr Motto "Op kölsche Aat en kölsche Ääd" (Auf kölsche Art in kölsche Erde) spiegelt die tiefe Verbundenheit der Kölner mit ihrem Dialekt wider.

Der Kölner Dialekt, ein ripuarischer Dialekt des Mittelfränkischen, war einst die "Amtssprache" in den Veedeln (Stadtvierteln) Kölns. Philipp Kling, aufgewachsen in Köln-Kalk, erinnert sich: "Damals wurde in der Schule erst einmal ein Jahr lang Deutsch gelernt, weil die Lehrer uns nicht verstehen konnten." Diese enge Verbindung zur Sprache prägt bis heute die Identität vieler Kölner.

Die Klings bieten verschiedene Möglichkeiten, eine Beisetzung "op Kölsch" zu gestalten:

  • Blumenbouquets in "rut un wiess" (rot-weiß, die Stadtfarben)
  • Särge mit Köln-Panorama
  • "Tünnes un Schääl"-Figuren am Grab
  • Musik von lokalen Bands wie den Bläck Fööss oder den Höhnern
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Hildegard Kling betont, dass etwa 30 Prozent aller Bestattungen komplett auf Kölsch durchgeführt werden. Viele wählen auch Mischformen, wie hochdeutsche Reden mit kölschen Gedichten oder klassische Musik mit rot-weißer Dekoration.

"Für viele ältere Kölner ist der Dialekt ein Seelenbestandteil. Die kölsche Sprache kann nicht nur karnevalistische und klamaukige, sondern auch melancholische Töne anschlagen."

Thomas Noll, pensionierter Lehrer und Trauerredner

Noll, der seit vier Jahrzehnten Stadtführungen auf Kölsch anbietet, bereitet jede Trauerrede sorgfältig vor. Er führt ausführliche Gespräche mit den Angehörigen, übersetzt Erinnerungen ins Kölsche und passt die Rede individuell an.

Die Klings erleben oft kuriose Situationen bei Beerdigungen. Einmal vergaßen Angehörige den Termin, und die Zeremonie wurde gefilmt, um sie ihnen später zu zeigen. Bei einer anderen Beisetzung wurde ein Kölschfässchen zum Grab gebracht, und jeder erhielt ein Glas des typischen obergärigen Biers.

Der Familienbetrieb respektiert auch andere Kulturen und Religionen. Sie haben beispielsweise Beisetzungen für Angehörige der Sikh-Religion durchgeführt und beobachten unterschiedliche Traditionen, wie das Fotografieren am offenen Sarg bei russlanddeutschen Familien.

Trotz der Vielfalt an Bestattungsformen lehnen die Klings den Einsatz von künstlicher Intelligenz für Trauerreden kategorisch ab. Hildegard Kling erklärt: "Wir leisten uns den Luxus, menschlich an die Sache heranzugehen. Das mag geschäftlich nicht so schlau sein, aber es schafft Zufriedenheit auf einer anderen Ebene."

In einer Stadt mit über 2000-jähriger Geschichte, wo der Melaten-Friedhof als größte Ruhestätte dient und moderne Wahrzeichen wie die Kranhäuser am Rheinauhafen stehen, bewahren die Klings mit ihren kölschen Bestattungen ein Stück lokaler Identität. Sie zeigen, dass Tradition und Würde auch in einer sich wandelnden Welt ihren Platz haben - ganz nach kölscher Art.