Kafkaeske Bürokratie: Österreicher muss nach 16 Jahren Zivildienst leisten

Ein 33-jähriger Unternehmer in Österreich erhielt überraschend eine Einberufung zum Zivildienst, 16 Jahre nach seiner ursprünglichen Verpflichtung. Trotz erfolgreicher Karriere muss er den Dienst antreten.

3. Oktober 2024, 09:09  •  0 ansichten

Kafkaeske Bürokratie: Österreicher muss nach 16 Jahren Zivildienst leisten

In einer bemerkenswerten Wendung der Ereignisse wurde ein 33-jähriger österreichischer Unternehmer im Januar 2024 mit einer unerwarteten behördlichen Mitteilung konfrontiert. Der Mann erhielt einen Brief, der ihn aufforderte, seinen Zivildienst anzutreten - ganze 16 Jahre nach seiner ursprünglichen Verpflichtung.

Die Geschichte begann im April 2008, als der Österreicher den Kriegsdienst verweigerte und zum Zivildienst verpflichtet wurde. In Österreich besteht die Wehrpflicht für Männer zwischen 17 und 50 Jahren, wobei der Zivildienst als Alternative zum Militärdienst dient und 9 Monate dauert. Die Möglichkeit zur Verweigerung des Militärdienstes wurde in Österreich 1975 eingeführt.

Trotz der Verpflichtung erhielt der Mann keinen konkreten Antrittstermin. Er wartete geduldig und erkundigte sich sogar 2011 selbst bei der Behörde nach dem Stand der Dinge. Die Antwort war vage und unverbindlich.

In der Zwischenzeit nutzte der Unternehmer die Zeit produktiv. Er gründete mit seinen Brüdern mehrere Firmen und etablierte sich als Geschäftsführer. Dies entspricht dem Trend in Österreich, wo das durchschnittliche Gründungsalter von Unternehmern bei 35 Jahren liegt und etwa 99% der Unternehmen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind.

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Die Situation nahm eine kafkaeske Wendung, als der Mann im Januar 2024 den lang erwarteten Brief erhielt. Der Begriff "kafkaesk", geprägt nach dem deutschsprachigen Schriftsteller Franz Kafka, beschreibt treffend die absurde und alptraumhafte Situation, in der sich der Unternehmer wiederfand.

Trotz seiner etablierten beruflichen Position musste der Österreicher den Zivildienst antreten. Er versuchte, sich juristisch zur Wehr zu setzen, indem er "berücksichtigungswürdige wirtschaftliche Interessen" geltend machte. Doch das Gericht lehnte seinen Antrag ab.

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof, das höchste Verwaltungsgericht des Landes, bestätigte das Urteil. Die Begründung des Gerichts war besonders bemerkenswert: Es argumentierte, dass der Mann die wirtschaftlichen Gründe durch seine Firmengründungen selbst geschaffen habe und ihm daher der Zivildienst zuzumuten sei.

Diese Entscheidung wirft Fragen zur Flexibilität und Angemessenheit des Systems auf. Während jährlich etwa 13.500 Zivildiener in Österreich ihren Dienst in Bereichen wie Gesundheit, Soziales oder Umweltschutz ableisten, scheint die lange Verzögerung in diesem Fall die Grenzen der Verhältnismäßigkeit zu überschreiten.

Die Situation unterstreicht die Notwendigkeit einer Überprüfung und möglichen Reform des Zivildienstsystems in Österreich. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Fall zu Änderungen in der Verwaltungspraxis führen wird, um ähnliche Situationen in Zukunft zu vermeiden.