Essener Fleischerei kämpft ums Überleben: Personalmangel zwingt zu drastischen Maßnahmen

Eine traditionsreiche Fleischerei in Essen reduziert ihre Öffnungszeiten aufgrund von Personalmangel. Der Fall spiegelt die Herausforderungen wider, mit denen die gesamte Branche konfrontiert ist.

30. September 2024, 23:53  •  103 ansichten

Essener Fleischerei kämpft ums Überleben: Personalmangel zwingt zu drastischen Maßnahmen

Die Fleischerei Gronau in Essen-Frohnhausen steht vor einer existenziellen Herausforderung. Aufgrund akuten Personalmangels sah sich der Betrieb gezwungen, seine Öffnungszeiten drastisch zu reduzieren. Statt eines Ruhetages bleibt die Filiale in der Gervinusstraße nun von Montag bis Donnerstag geschlossen.

Der Inhaber der Fleischerei machte die Gründe für diese Entscheidung öffentlich. In den vergangenen Wochen haben sechs Mitarbeiter den Betrieb verlassen. Die Kündigungsgründe reichten von kürzeren Arbeitswegen über den Wunsch nach freien Samstagen bis hin zu geplanten Auszeiten. Besonders bemerkenswert ist, dass zwei Mitarbeiter trotz Gehaltseinbußen von 350 bis 400 Euro zu einem Discounter wechselten.

"Wie alle wissen, leidet der produktive Mittelstand massiv existenzbedrohend an Mitarbeitermangel. Politisch leider keine Änderung in Sicht."

Aussage des Inhabers der Fleischerei Gronau

Diese Situation ist symptomatisch für die Herausforderungen, mit denen die gesamte Fleischerbranche konfrontiert ist. Laut dem Deutschen Fleischer-Verband schließen jährlich etwa 800 Fleischereien, während nur rund 500 neu eröffnet oder übernommen werden. Im Jahr 2023 gab es in Deutschland noch etwa 11.000 Fleischereien, eine Zahl, die stetig sinkt.

Der Fachkräftemangel in der Fleischerbranche besteht bereits seit über einem Jahrzehnt und hat sich in den letzten Jahren weiter verschärft. Die Ausbildungszahlen im Fleischerhandwerk sind rückläufig, was die Situation zusätzlich verschärft. Die dreijährige Ausbildung zum Fleischer scheint für viele junge Menschen nicht mehr attraktiv zu sein, trotz verbesserter Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren.

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Reinhard von Stoutz, Geschäftsführer des Deutschen Fleischer-Verbandes, sieht das Hauptproblem weniger im "Sterben" bestehender Betriebe, sondern vielmehr in zu wenigen Neugründungen und Übernahmen. Er betont, dass die meisten Fleischereien wirtschaftlich stabil seien, insbesondere wenn sie auf aktuelle Trends eingehen.

Diese Trends umfassen veränderte Ernährungsgewohnheiten, eine stärkere Nachfrage nach regionalen und Bio-Produkten sowie ein wachsendes Interesse an artgerechter Tierhaltung. Viele Fleischereien diversifizieren ihr Angebot mit Catering-Services und Mittagstischen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Einige experimentieren sogar mit veganen und vegetarischen Alternativen oder alternativen Proteinquellen wie Insekten.

Die Branche steht vor der Herausforderung, sich an die sich wandelnden Konsumgewohnheiten anzupassen. Der Pro-Kopf-Fleischkonsum in Deutschland ist in den letzten Jahren rückläufig, was die Notwendigkeit zur Innovation unterstreicht. Gleichzeitig müssen Fleischereien mit steigenden Energie- und Rohstoffkosten sowie strengen EU-Hygieneverordnungen umgehen.

Trotz dieser Herausforderungen spielen Fleischereien weiterhin eine wichtige Rolle in der lokalen Wirtschaft vieler Gemeinden. Viele setzen auf Spezialitäten und handwerkliche Herstellung als Alleinstellungsmerkmal. Die Digitalisierung hat auch in dieser traditionellen Branche Einzug gehalten, mit Online-Bestellsystemen und modernen Marketingstrategien wie Social Media.

Der Fall der Fleischerei Gronau in Essen zeigt deutlich, dass kreative Lösungen und möglicherweise branchenweite Veränderungen notwendig sind, um die Zukunft des Fleischerhandwerks zu sichern. Die Unterstützung der lokalen Gemeinschaft, wie sie sich in den Angeboten zur Hilfe bei der Personalsuche zeigt, könnte ein wichtiger Faktor für das Überleben solcher traditionsreichen Betriebe sein.