Albanien plant Mikrostaat für Bektaschi-Orden: Ein Novum in Europa

Albanien kündigt die Gründung eines souveränen Kleinstaates für den Bektaschi-Orden an. Diese ungewöhnliche Initiative zielt darauf ab, religiöse Harmonie und Inklusion zu fördern.

23. September 2024, 12:56  •  592 ansichten

Albanien plant Mikrostaat für Bektaschi-Orden: Ein Novum in Europa

In einer bemerkenswerten Entwicklung hat Albanien die Absicht bekundet, einen souveränen Kleinstaat für den Bektaschi-Orden auf seinem Territorium zu errichten. Diese Ankündigung erfolgte durch Ministerpräsident Edi Rama bei den Vereinten Nationen in New York, etwa ein Jahr vor dem heutigen Datum.

Der Bektaschi-Orden, eine sufistische Gemeinschaft innerhalb des Islam, stellt die viertgrößte religiöse Gruppe in Albanien dar und umfasst ungefähr zehn Prozent der muslimischen Bevölkerung des Landes. Die Wurzeln dieses Ordens reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück, als er im Osmanischen Reich gegründet wurde. Benannt nach dem mystischen Heiligen Hadschi Bektasch Veli, zeichnet sich der Bektaschismus durch seine synkretistische Lehre aus, die Elemente des Schiismus und vorislamischer Traditionen vereint.

Das Zentrum des geplanten Mikrostaates soll das Weltzentrum des Ordens in Tirana werden. Bemerkenswert ist, dass die Staatsbürgerschaft ausschließlich Mitgliedern des Klerus und der Verwaltung vorbehalten sein soll. Die Regierungsstruktur soll aus den Ordensspitzen bestehen, ergänzt durch einen Rat zur Überwachung religiöser und administrativer Funktionen.

Der Bektaschi-Orden begrüßte diese Initiative als bedeutenden Schritt zur Förderung von Inklusion und religiöser Harmonie. In einer Erklärung hieß es:

"Die Souveränität des Bektaschi-Ordens ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Werte der Inklusion, religiösen Harmonie und des Dialogs in einer zusehends gespaltenen Welt"

Erklärung des Bektaschi-Ordens

Diese Entscheidung markiert einen interessanten Wendepunkt in der Geschichte des Ordens, der seit 1925 in Albanien den Status einer unabhängigen islamischen Gemeinschaft genießt. Nach dem Verbot des Ordens in der Türkei durch Mustafa Kemal Atatürk im Jahr 1925 verlagerte sich das Zentrum nach Albanien, wo viele bedeutende Persönlichkeiten des Ordens Zuflucht fanden.

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Die Bektaschi sind für ihre liberale Auslegung des Islam bekannt und setzen sich für die Gleichstellung der Geschlechter ein. Ihre spirituelle Praxis umfasst oft Musik und Tanz, und ihre Lehren werden häufig in Form von Gedichten und Liedern weitergegeben. Der Orden legt besonderen Wert auf die innere, esoterische Bedeutung des Korans und ist für seine Toleranz gegenüber anderen Religionen und Kulturen bekannt.

Trotz der positiven Resonanz auf diese Ankündigung bleiben viele Fragen offen. Weder zum Zeitplan noch zur konkreten Umsetzung dieses ambitionierten Vorhabens wurden bisher Details veröffentlicht. Es bleibt abzuwarten, wie dieser einzigartige Mikrostaat in der europäischen Landschaft Gestalt annehmen wird und welche Auswirkungen er auf die religiöse und politische Dynamik in der Region haben könnte.