Die Ostfriesischen Inseln, eine Kette von Barriereinseln im Nordwesten Deutschlands, stehen vor einer existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel. Diese vor etwa 10.000 Jahren nach der letzten Eiszeit entstandenen Inseln, die Teil des UNESCO-Weltnaturerbes Niedersächsisches Wattenmeer sind, sehen sich mit steigenden Meeresspiegeln konfrontiert, die ihre Zukunft gefährden.
Trotz der aktuellen Herausforderungen erlebt der Tourismus, die Haupteinnahmequelle der Inselbewohner, einen Aufschwung. Nach einem Rückgang während der Corona-Pandemie erreichte das Buchungsverhalten im Sommer 2022 wieder das Vorkrisenniveau. Die Beliebtheit der Inseln als Urlaubsziel bleibt ungebrochen, nicht zuletzt aufgrund ihrer Erreichbarkeit - von Bremen aus ist man in nur vier Stunden auf den Inseln.
Ein Modell der Hamburger Hafencity Universität (HCU) prognostiziert jedoch besorgniserregende Entwicklungen bis zum Jahr 2100. Je nach Szenario könnte der Meeresspiegel um 47 bis 140 Zentimeter ansteigen, was erhebliche Auswirkungen auf die Insellandschaften hätte.
Besonders gefährdet ist Spiekeroog, die viertgrößte der Ostfriesischen Inseln mit einer Fläche von etwa 18 Quadratkilometern. Selbst im gemäßigten Szenario würden die Salzwiesen im Südwesten und der Nordstrand überflutet werden. Im schlimmsten Fall bliebe nur der Inselort und die Hermann-Lietz-Schule, ein Internat mit reformpädagogischem Konzept, über Wasser.
Auch Norderney, die zweitgrößte und älteste deutsche Nordseebadeinsel, wäre stark betroffen. Der gesamte Ostteil der 26 Quadratkilometer großen Insel und der 1970 eröffnete Flughafen könnten von der Nordsee verschlungen werden.
Der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer betonte bei seinem Besuch auf Spiekeroog Mitte Juli 2023 die Dringlichkeit der Situation:
"Hier an der Küste sind die Folgen der Klimakrise längst greifbare Lebensrealität, wenn Deiche erhöht und Dünen verstärkt werden müssen. Die Klimakrise und der prognostizierte Meeresspiegelanstieg gewähren dem Küstenschutz keine Verschnaufpause."
Die Herausforderungen für den Küstenschutz sind enorm. Neben Deichen und Buhnen werden auch Sandaufspülungen eingesetzt, um die einzigartigen Dünenlandschaften und Salzwiesen zu schützen. Diese Maßnahmen sind nicht nur für den Tourismus wichtig, sondern auch für das empfindliche Ökosystem des Wattenmeers, das als wichtiger Rastplatz für Millionen von Zugvögeln dient.
Die Bedrohung der Ostfriesischen Inseln durch den Klimawandel verdeutlicht die Notwendigkeit globaler Anstrengungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Nur so kann das Erbe dieser einzigartigen Landschaft, die seit Jahrhunderten als beliebte Kurorte und Seebäder dient, für zukünftige Generationen bewahrt werden.