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Streit um AfD-Kandidatin für Thüringer Landtagspräsidium eskaliert

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Wiebke Muhsals Nominierung als Landtagspräsidentin sorgt für Aufruhr in Thüringen. Ihre Vergangenheit und der Widerstand anderer Parteien führen zu einer politischen Blockade.

In Thüringen ist ein heftiger Streit um die Besetzung des Landtagspräsidiums entbrannt. Im Mittelpunkt steht Wiebke Muhsal, eine umstrittene AfD-Politikerin, die von ihrer Partei für das Amt der Landtagspräsidentin vorgeschlagen wurde. Diese Nominierung hat zu einer politischen Krise geführt, die die Arbeitsfähigkeit des Parlaments gefährdet.

Muhsal, geboren 1986, ist seit 2014 Mitglied des Thüringer Landtags. Die studierte Juristin lebt mit ihrer Familie in Jena, einer bekannten Universitätsstadt in Thüringen. Ihre politische Karriere wurde von mehreren Kontroversen begleitet, die nun ihre Eignung für das hohe Amt in Frage stellen.

Ein besonders aufsehenerregender Vorfall ereignete sich im September 2016, als Muhsal während einer Debatte über Kindertagesstätten in einem Niqab im Landtag erschien. Der Niqab, eine Form der islamischen Vollverschleierung, die nur einen Sehschlitz freilässt, sorgte für einen Eklat. Muhsal behauptete damals, sie habe gegen die "Entwürdigung der Frau" protestieren wollen.

Noch schwerwiegender war ihre Verurteilung im April 2017. Muhsal wurde wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 8.000 Euro verurteilt, nachdem sie den Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin rückdatiert hatte, um mehr Geld von der Landesverwaltung zu erhalten. Diese Verurteilung wurde später von einem höheren Gericht bestätigt.

Die Nominierung Muhsals für das Amt der Landtagspräsidentin hat zu einer Blockade im Thüringer Landtag geführt. Die konstituierende Sitzung des neuen Landtags wurde kürzlich abgebrochen, noch bevor die Beschlussfähigkeit festgestellt werden konnte. Andere Parteien, darunter CDU, BSW, Linkspartei und SPD, lehnen Muhsals Kandidatur entschieden ab.

Der noch amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken bezeichnete den Vorschlag der AfD als "ungeheuerlich". Er betonte, dass eine Kandidatin für das Amt der Landtagspräsidentin geeignet sein müsse, das Parlament neutral zu führen und die Regeln des Hauses zu achten.

Die Situation hat auch rechtliche Konsequenzen. Die CDU hat das Thüringer Verfassungsgericht angerufen, nachdem der Alterspräsident des Landtags, Jürgen Treutler von der AfD, eine Abstimmung über einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung nicht zuließ. Dieser Antrag zielte darauf ab, einen AfD-Landtagspräsidenten zu verhindern.

Die Kontroverse um Muhsal wirft ein Schlaglicht auf die komplexe politische Landschaft in Thüringen. Die AfD, die 2013 gegründet wurde, hat in dem ostdeutschen Bundesland an Einfluss gewonnen, wird aber vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. In Thüringen wurde die Partei sogar als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Die aktuelle Krise erinnert an die Regierungskrise von 2020, als die Wahl des FDP-Politikers Kemmerich mit Stimmen der AfD zu landesweiten Protesten führte. Sie unterstreicht die Herausforderungen, denen sich das Thüringer Parlament gegenübersieht, insbesondere angesichts der 5%-Hürde für den Einzug in den Landtag und der komplexen politischen Dynamik.

Die Rolle des Landtagspräsidenten, der das Parlament nach außen repräsentiert und die Sitzungen leitet, ist von großer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des demokratischen Systems. Die Wahl für dieses Amt erfolgt normalerweise in der konstituierenden Sitzung, die in diesem Fall jedoch abgebrochen wurde.

Die Entwicklungen in Thüringen werden zweifellos auch auf Bundesebene aufmerksam verfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit mehrfach über Klagen der AfD entschieden, und die aktuelle Situation könnte erneut rechtliche Fragen aufwerfen.

"Eine Kandidatin muss geeignet sein, das Parlament parteipolitisch neutral zu führen, und dafür stehen, die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln des hohen Hauses auch zu achten"

Bodo Ramelow, Noch-Ministerpräsident von Thüringen

Die Lösung dieser politischen Krise wird entscheidend sein für die Arbeitsfähigkeit des Thüringer Landtags und könnte weitreichende Folgen für die politische Landschaft in Deutschland haben.

Kerstin Dresner

Politik