Der 73-jährige Jürgen Treutler von der AfD hat als Alterspräsident bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags für erhebliche Unruhe gesorgt. Der Diplomingenieur, der seit etwa zwei Jahrzehnten in Sonneberg lebt, ignorierte über vier Stunden lang Geschäftsordnungsanträge anderer Abgeordneter und warb offen für eine AfD-Landtagspräsidentin.
Treutlers Verhalten löste scharfe Kritik aus. Mario Voigt, Fraktionschef der CDU, bezeichnete es als "Angriff auf parlamentarische Rechte, auf die Verfassung und auf jeden einzelnen Abgeordneten". Die Co-Vorsitzende der BSW, Katja Wolf, nannte das Vorgehen der AfD "peinlich, würdelos und absolut unterirdisch".
Der 1951 im sächsischen Silberstraße geborene Treutler trat 2017 der AfD bei, motiviert durch seine Ablehnung der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Seit 2019 ist er Abgeordneter des Kreistags Sonneberg und aktuell Vorsitzender des Stadtrats. Bei der Landtagswahl am 1. September 2024 gewann er mit 42,6% das Direktmandat im Wahlkreis Sonneberg I.
Die Nominierung Treutlers als Alterspräsident war offenbar Teil einer strategischen Planung der AfD unter Führung von Parteichef Björn Höcke. Der Thüringer Landtag, der seinen Sitz in Erfurt hat und 90 Abgeordnete umfasst, erlebte damit eine beispiellose Situation.
Als Reaktion auf Treutlers Verhalten hat die CDU-Landtagsfraktion beim Thüringer Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung eingereicht. Ziel ist es, Treutler zu verpflichten, die Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung zur Abstimmung zu stellen.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die politische Situation in Thüringen, wo die AfD bei der letzten Landtagswahl mit 34,1% stärkste Kraft wurde. Dies geschah in einem Bundesland mit etwa 2,1 Millionen Einwohnern, das an fünf andere Bundesländer grenzt und keine Kernkraftwerke betreibt.
Die Fortsetzung der Sitzung ist für den kommenden Samstag geplant. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation im Thüringer Landtag, der 1990 nach der Wiedervereinigung neu konstituiert wurde, weiter entwickeln wird.
"Was Sie hier treiben, ist Machtergreifung."
Dieser Vorfall unterstreicht die wachsende Bedeutung und den Einfluss der AfD in Thüringen, wo die Partei bereits 2023 in Sonneberg den ersten AfD-Landrat Deutschlands stellte. Die Ereignisse im Landtag werden zweifellos die politische Debatte in den kommenden Wochen prägen.